
Hessischer Friedenspreis im Landtag verliehen
Auszeichnung für kolumbianische Friedensaktivistin Jani Silva
Es sind rund 9.500 Kilometer von Hessen in die Amazonasregion Putumayo; dort engagiert sich Jani Silva seit mehr als 40 Jahren für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Im Landtag wurde die 62-Jährige nun mit dem Hessischen Friedenspreis 2024 ausgezeichnet.
Die kolumbianische Umwelt- und Friedensaktivistin hat maßgeblich dazu beigetragen, eine Schutzzone im Amazonasgebiet zu schaffen, die den Kleinbauern Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht und eine Perspektive abseits von Drogenkrieg und Gewalt schafft. Für ihr Engagement sieht sich Silva seit Jahren Morddrohungen bewaffneter Milizen ausgesetzt, die ihr und ihrer Familie nach dem Leben trachten. Vor rund 100 geladenen Gästen nahm Silva den mit 25.000 Euro dotierten Preis entgegen. Die Laudatio hielt die deutsche Botschafterin in Kolumbien, Martina Klumpp.
Die Verleihung des Hessischen Friedenspreises sei eine Auszeichnung aller Frauen in ihrer Region und sogar in ganz Kolumbien, sagte die Preisträgerin. Sie empfinde großen Dank. Trotz der Drohungen, mit denen sie sich konfrontiert sieht, habe sie jedoch nie darüber nachgedacht, ihr Engagement aufzugeben. „Friedensarbeit ist wie Kindererziehung; es ist ein kontinuierlicher Prozess. Denn wenn man an einem bestimmten Punkt aufhört, sich zu engagieren, ist es, als hätte man gar nichts unternommen. Dann wäre alles umsonst“, sagte Jani Silva.
„Menschen wie Jani Silva inspirieren, sich für positiven Wandel stark zu machen“
Landtagspräsidentin Astrid Wallmann (CDU) würdigte das Engagement der Preisträgerin: „Der Mut, die Entschlossenheit und der selbstlose Einsatz von Jani Silva nötigen uns tiefen Respekt ab. Ihr Handeln ist nicht nur ein Vorbild für die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung, sondern weit darüber hinaus. Sie zeigt auf eindrucksvolle Weise, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen, für seine Überzeugungen einzutreten und Menschen eine Perspektive zu geben. Es sind Menschen wie Jani Silva, die andere inspirieren, ebenfalls mutig zu sein, und sich für positiven Wandel stark zu machen.“
„Wir sind bereit, Janis Einsatz zu verteidigen“
Martina Klumpp, deutsche Botschafterin in Kolumbien sprach in ihrer Laudatio darüber, mit welcher Geduld, Überzeugungskraft und Mut sich Silva Bedrohungen entgegenstelle: „Jani Silva zeigt Kindern und Jugendlichen vor Ort auf, wie wichtig der Schutz des Lebens ist und wie kurzlebig und gefährlich der Weg des vermeintlich leichten Geldes als Mitglied bewaffneter Gruppen.“ Drohungen, Einschüchterung, Vertreibung und nicht selten Mord seien reale Gefahren, mahnte die Botschafterin und erinnerte an mehr als einhundert lokale Führungspersönlichkeiten, die allein in diesem Jahr in Kolumbien ermordet wurden: „Wer Menschenrechte verteidigt, steht in Kolumbien unter enormem Druck: Es gilt seit Jahren als das gefährlichste Land der Welt für Umweltaktivistinnen und -aktivisten. Es geht um Familien, Freunde, Gemeinschaften, die um ihr Leben, ihren Lebensraum und die Zukunft ihrer Kinder bangen.“
Die Auszeichnung sei eine politische und moralische Geste, sagte Klumpp. So sende der Hessische Friedenspreis von Wiesbaden aus eine klare Botschaft: „Wir sagen laut und deutlich, dass Jani nicht allein ist. Wir sagen, dass ihr Einsatz gesehen wird und dass wir bereit sind, ihn zu verteidigen. Wir sagen, dass internationale Solidarität Leben retten kann, weil sie Druck erzeugt, weil sie Aufmerksamkeit bündelt, weil sie die Stimme der Verwundbaren mit unserem Gewicht verbindet.“
„Echter Friede bedeutet Bewahrung der Schöpfung“
Landwirtschaftsminister Ingmar Jung (CDU) zeigte sich beeindruckt von Silvas Einsatz für die kolumbianischen Kleinbauern. In seiner Rede für die Landesregierung sagte er: „Landwirte, die eigene Flächen bewirtschaften, die von ihren Produkten und vom direkten Handel leben, haben das größte Interesse an Nachhaltigkeit, am Austausch, an Verständigung und damit auch am Frieden.
Das Engagement Silvas zeige, dass die großen Fragen der Welt nicht allein in internationalen Konferenzsälen entschieden werden, sondern dort, wo Menschen ganz konkret Verantwortung für ihre Heimat, ihre Gemeinschaft und ihre Zukunft übernehmen. „Sie machen uns bewusst, dass echter Friede nicht nur die Abwesenheit von Gewalt bedeutet, sondern auch Freiheit, Achtung der Menschenwürde und die Bewahrung der Schöpfung“, so Jung.
Hintergrund zur Preisträgerin Jani Silva
2023 war die Preisträgerin Jani Silva auf Vorschlag von Amnesty International für den Friedensnobelpreis nominiert. Sie ist Präsidentin von Adispa (Asociación de Desarollo Integral Sostenible Perla Amazónica), einer Organisation im von Kleinbauern bewohnten Schutzgebiet „La Perla Amazónica“. Die Gegend ist reich an natürlichen Ressourcen und nach Angaben des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) ein wichtiges Kokaanbaugebiet.
Kolumbien gilt vor Peru und Bolivien als weltgrößter Produzent von Kokain, das aus der Kokapflanze hergestellt wird. Der Friedensvertrag von 2016 zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerilla-Organisation Farc, die sich unter anderem mit Drogenhandel finanzierte, konnte den großflächigen Anbau von Koka in dem südamerikanischen Land nicht stoppen. Viele Bauern sichern ihre Existenz über illegalen Kokaanbau. Die Organisation Adispa fördert Alternativen. Als Präsidentin von Adispa hat Jani Silva in den vergangenen Jahren mehrfach Morddrohungen erhalten.
Hessischer Friedenspreis
Der Hessische Friedenspreis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird seit 1994 von der Albert-Osswald-Stiftung verliehen. Die Auszeichnung soll Menschen würdigen, die sich um den Frieden und die Völkerverständigung verdient gemacht haben. Ins Leben gerufen wurde sie von dem früheren hessischen Ministerpräsidenten Albert Osswald (SPD) und seiner Familie. Das Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF) berät das Kuratorium bei der Vergabe des Friedenspreises. Vorsitzender des Kuratoriums ist der frühere hessische Landtagspräsident Karl Starzacher.